GMP-gerechte Reinraumfertigung

2022-11-07 16:13:57 By : Mr. BingFang Zhang

Pro Jahr werden über zwei Milliarden Kunststoffkomponenten und -systeme für die Branchen Diagnostik, Pharma und Medizintechnik im südhessischen Mühltal gefertigt, einen Großteil davon unter GMP-Bedingungen im Reinraum.

Auch auf dem Boden des Reinraums der ISO Klasse 7 werden Abklatschtest durchgeführt und ausgewertet. (Bild: Wirthwein)

Die Grundsätze der Guten Herstellungspraxis werden in der pharmazeutischen Industrie beim Herstellen von Arzneimitteln angewendet, als auch für pharmazeutische und andere sensible Packmittel sowie für Bauteile in der Medizintechnik und medizinischen Diagnostik. Im Auftrag mehrerer marktführenden Diagnostikunternehmen produziert Wirthwein Medical in mehreren Reinräumen der ISO-Klasse 7. Als Beispiel ein modular aufgebautes Diagnostiksystem, bestehend aus Behältern, passenden Flaschen sowie den dazugehörigen Komponenten und Verschlüssen. Diese Komponenten werden im Spritzguss- und im Blasformverfahren hergestellt. Das Diagnostiksystem wird für mehr als 100 Testverfahren zur automatisierten Blutanalyse verwendet, unter anderem für Covid-19-Antikörpertests. Weitere Beispiele sind transparente Diagnostiksysteme mit hohen Anforderungen an Reinheit und vor allem den optischen Anforderungen für unterschiedliche Anwendungen der Blutdiagnostik, die weltweit eingesetzt werden.

Ein Blick in die GMP-Regelwerke, wie beispielsweise in den EU-GMP-Leitfaden für Arzneimittel, zeigt: Die Anforderungen sind sehr umfangreich, das Anpassen an die Gegebenheiten der Packmittelfertigung und das Umsetzen im Unternehmen erfordern Zeit und große Sorgfalt. So wird beispielsweise sichergestellt, dass ausschließlich qualifiziertes und in den Aufgaben geschultes Personal eingesetzt wird sowie besondere Hygienemaßnahmen und Bekleidungsvorschriften im Fertigungsbereich eingehalten werden. Verunreinigungen und Kreuzkontaminationen der Materialien und Produkte werden dadurch verhindert. Alle verwendeten Materialien sind eindeutig zu kennzeichnen, um die Chargenrückverfolgbarkeit entlang der Verarbeitungslinie zu gewährleisten. Ein Prozess für das Bearbeiten von Reklamationen und möglichen Abweichungen ist genauso festgelegt, wie ein Programm für die Selbstinspektion, das heißt die Durchführung von internen Audits. „Durch diese Selbstkontrollen wird auch die kontinuierliche Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems im Unternehmen vorangetrieben“ erläutert Dr. Sabine Moter, Qualitätsmanagerin. Ebenso ist ein „Change-Control-System“ vorhanden. Dies ist ein System zum dokumentierten Überwachen von Änderungen, die möglicherweise Auswirkungen auf die Qualität des gelieferten Produkts haben können.

Circa 95 % der Prothesen und Orthesen werden in der Medizintechnik noch herkömmlich von Orthopädietechnikern von Hand gefertigt. Tragekomfort und Belastbarkeit hängen damit sehr stark vom Know-how des Orthopädietechnikers ab. Moderne Prothesen aus Kunststoff und Carbonfaser werden individuell gefertigt, jedoch auf Basis rudimentärer Daten – zumindest aus Sicht der heutigen Möglichkeiten im Rahmen ingenieurstechnischer Simulationsberechnungen. Auch interessant zu diesem Thema

Durch systematische Qualifizierungs- und Validierungsmaßnahmen gelingt es dem Medizintechnikhersteller, die Stabilität im Fertigungsprozess und die damit verbundene Qualität der Endprodukte sicherzustellen. Grundsätzlich wird während der Qualifizierung von Betriebsmitteln der Nachweis erbracht, dass Anlagen, Geräte oder Peripherie mit der verwendeten Technik für die vorgesehene Aufgabe geeignet sind, einwandfrei arbeiten und spezifikationskonforme Ergebnisse liefern. Die Qualifizierung besteht aus den bekannten Phasen der Designqualifizierung (DQ), gefolgt von der Installationsqualifizierung (IQ), über die funktionale Qualifizierung (Operational Qualification, OQ) und schließt mit der Leistungsqualifikation (Performance Qualification, PQ) ab. Bei Bedarf, beispielsweise nach Änderungen, wird eine Requalifizierung durchgeführt. Ziel der Validierung von Prozessen und Methoden ist es, nachzuweisen, dass der Prozess reproduzierbar abläuft und den gestellten Anforderungen entspricht. Der Umfang der Qualifizierung und Validierung wird risikobasiert festgelegt. Die in der Qualitätskontrolle eingesetzten Prüfmittel und Messsysteme werden daraufhin überprüft, sodass sie den Anforderungen an die Messung gerecht werden. Dafür wird eine Messsystemanalyse (MSA) durchgeführt. Die Maßnahmen zum Einhalten der GMP-Anforderungen und der guten Dokumentation sind integraler Bestandteil des Qualitätsmanagements. Ergänzt werden diese durch weitere Anforderungen, welche die Abnehmer an die Qualität des Packmittels und an dessen Produktion stellen. Ein wichtiger Bestandteil der Regelwerke der Guten Herstellungspraxis ist die gute Dokumentation. Alle Tätigkeiten sind vorab zu beschreiben, entsprechend der Vorgabe durchzuführen, und die Durchführung ist sorgfältig und zeitnah zu dokumentieren. Für die lückenlose Dokumentation gibt es im Unternehmen ein zentrales Dokumentenmanagementsystem, in dem die qualitätsrelevanten Vorgabedokumente wie Prozessbeschreibungen, Arbeitsanweisungen und Formblätter abgelegt sind. Auch entsprechende Nachweisdokumente werden dort gespeichert. Alle Dokumente unterliegen einem definiertem Freigabeprozess, sodass nur gültige Formulare verwendet werden, auch dies eine Forderung aus der GMP. Gleichzeitig sind Freigabe und Unterschriftenregelung FDA-konform, und entsprechen damit auch den Forderungen der US Food and Drug Administration, die in den USA über die Sicherheit von Lebensmitteln und Medikamenten wacht. Das Dokumentenmanagementsystem (DMS) ermöglicht sowohl das rasche Auffinden der Dokumente, als auch die Schulung der Mitarbeiter in den erforderlichen Prozessen und Dokumenten. Auch ein Wirksamkeitsnachweis lässt sich durch die Beantwortung von Testfragen direkt im DMS erstellen. Alle qualitätsrelevanten Daten über den gesamten Produktlebenszyklus sind durchgängig in einer Qualitätsmanagementsoftware erfasst. „Dies sorgt für eine effiziente Struktur zur Abbildung von Spezifikationen, Ergebnissen und Funktionen in der Qualitätssicherung, im Qualitätsmanagement und im Prüfmittelmanagement“, erklärt André Neubauer, Leiter Qualitätsmanagement. Seit 2019 ist der Kunststoffverarbeiter zusätzlich zur DIN EN ISO 9001 und der DIN EN ISO 13485 auch nach DIN EN ISO 15378 (Primärpackmittel für Arzneimittel) zertifiziert. Hier werden die Ansprüche der Norm ISO 9001 mit den Anforderungen der Guten Herstellungspraxis (GMP) speziell für Primärpackmittel verknüpft.

Eine Vielzahl von Medizinprodukten müssen in Reinräumen unter GMP-Richtlinien gefertigt werden. Aber wo liegt der Unterschied oder die Gemeinsamkeit zwischen GMP-Reinräumen und ISO-klassifizierten Reinräumen? Die Reinraum-Klassifizierung gemäß DIN EN ISO 14644-1 richtet sich nach der Zahl der Partikel in der Raumluft. GMP Reinräume gemäß EU-GMP-Leitfaden werden dagegen auf luftgetragene und auf mikrobiologische Kontaminationen überprüft, wobei die Klassifizierung für die luftgetragenen Partikel nach den Werten der DIN EN ISO 14644-1 ausgerichtet wurde. Bei der Einteilung nach GMP Annex 1 erfolgt diese nach den Reinraumklassen A, B, C und D, wobei die Klasse A die Reinste ist. In Mühltal werden anwenderspezifische Systemlösungen und Baugruppen in den GMP-Klassen C und D produziert. Das mikrobiologische Monitoring sowie das der Partikelkonzentration erfolgt durch einen internen Reinraumbeauftragten. Die mikrobiologische Keimzahlbestimmung auf Oberflächen erfolgt mittels Abklatschtests oder Abstrichen. Dabei werden Oberflächen mit speziellen Platten „abgeklatscht“ oder es werden Abstriche der zu untersuchenden Gegenstände oder Oberflächen direkt auf einen festen sterilen Nährboden aufgebracht. Die Platten erhalten Nährmedien, auf denen Bakterien, Viren oder Pilze wachsen können. Dafür werden die Platten im Brutschrank bebrütet, und die entstandenen Kulturen auf Keime, vor allem Erreger von Infektionen, untersucht. Beim Überschreiten von Grenzwerten oder eindeutigen Trends werden Gegenmaßnahmen ergriffen, wie beispielsweise zusätzliche Reinigungsschritte und das Beseitigen von Kontaminationsquellen. Um ein Keimwachstum zu verhindern, werden strenge Hygienemaßnahmen in den Reinräumen eingehalten. Zonen- und Bekleidungskonzepte sowie ein definiertes Einschleuseprozedere in die Reinräume sind vorgeschrieben. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens werden hierzu regelmäßig geschult.

Kunststoffe, die in der Medizin zum Einsatz kommen, müssen besondere Eigenschaften erfüllen. Die Grundanforderungen an Materialien für die Medizintechnik etwa sind Biokompatibilität, Sterilisierbarkeit, Temperatur- und Chemikalienbeständigkeit. Die Anforderungen unterscheiden sich dabei im Einzelnen zwischen Materialien, die außerhalb des Körpers, und solchen, die – im Körper etwa als Implantate – zum Einsatz kommen. Biomaterialien – also Werkstoffe, die sich mit Körperzellen vertragen – dürfen keine schädigende Wirkung auf Organismus verursachen, sondern müssen vom Körper toleriert oder, im günstigsten Fall, wie körpereigenes Material akzeptiert werden. Wichtig ist außerdem, dass von dem Material keine toxische Wirkung auf den Organismus ausgeht. Festgelegt sind diese Anforderungen in verschiedenen Vorschriften und Richtlinien, beispielsweise der EU-Richtlinie 93/42/EWG, die auch als „Medical Device Directive“ bekannt ist. Seit 2019 definiert und beschreibt die VDI-Richtlinie 2017 speziell für den Bereich der Kunststoffe, was unter Medical Grade Plastics zu verstehen ist und welche Eigenschaften und Anforderungen maßgeblich sind. (Bild: Paul Vinten – Fotolia)

Polyethylen (PE) ist nicht nur insgesamt der weit verbreitetste Kunststoff, sondern spielt auch im medizinischen Einsatz eine große Rolle. Der Werkstoff kommt vor allem in Verpackungen für klinische und pharmazeutischer Produkte zum Einsatz, so etwa in Flaschen oder Folien, aber auch beispielsweise in Spritzen. Vor allem Polyethylene hoher Dichte, sogenanntes PE- HD, zeichnet sich dabei durch eine hohe Formfestigkeit und Chemikalienbeständigkeit aus. Das Material kommt daher etwa auch für Implantate, zum Beispiel als Hüftgelenkpfannen in der Orthopädie, zum Einsatz. Außerdem lässt sich etwa bei Behältern aus PE der Einfluss von migrierenden Additiven vermeiden. (Bild: catsnfrogs – Fotolia)

Das zweite besonders häufig in der Medizin eingesetzte Polymer ist Polyvinylchlorid, besser bekannt als PVC. Für den Werkstoff sprechen vor allem der geringe Preis, auch im Vergleich zu anderen Kunststoffen, sowie die einfache Verarbeitbarkeit. Das Material ist außerdem sehr gewebe- und blutverträglich. Aufgrund dieser Eigenschaften kommt PVC vor allem in Einweg-Produkten wie Blutbeutel und Handschuhe oder Katheter, aber auch für Schläuche und sterilisierbare Verkleidung von medizinischen Geräten zum Einsatz. Als Problem von Weich-PVC gilt zunehmend, dass der Kunststoff meist phthalathaltige Weichmacher wie Diethylhexylphthalat (DEHP), das nicht chemisch gebunden ist und damit in seine Umgebung migrieren kann. Dem Additiv werden fortpflanzungsschädigende Eigenschaften zugeschrieben. Weich-PVC enthält bis zu 40 Gewichtprozent an DEHP. Während der Stoff in Kinderspielzeug oder Kosmetika verboten ist, gilt das Additiv in Medizinprodukten als weitgehend unverzichtbar. Hersteller müssen jedoch jeweils darlegen können, warum sich keine Alternativen zu DEHP einsetzen lassen. (Bild: Stephan Morrosch – Fotolia)

Für Verpackungen aller Art kommt im medizinischen Bereich vor allem Polystyrol (PS) zum Einsatz. Durch seine hohe Transparenz und ist der Thermoplast vor allem in Anwendungen zu finden, in denen sonst Glas zum Einsatz kommen würde, also etwa in Behältern für infektiöses oder toxisches Material oder im Laborbereich in Petrischalen und Ähnlichem. PS findet jedoch beispielsweise auch als Folie in Medikamentenblistern Verwendung. Expandiertes Polystyrol (EPS), weit bekannt unter dem Handelsnamen Styropor, dient als Schaumstoff dagegen dem Schutz von empfindlichen Produkten. Außerdem leistet das Material durch seine wärmedämmende Wirkung seinen Dienst in der Kühlkette beim Transport von Medikamenten und aktuell in der Logistik von Covid-19-Impfstoffen. (Bild: ggw – Fotolia)

Auch Polypropylen (PP) kommt hauptsächlich für die Verpackung zum Einsatz, beispielsweise wiederum in Medikamentenblistern, aber auch für Einwegspritzen oder Infusions-Bestecke. Hitzestabilisierte Polypropylen-Typen sind darüber hinaus gut zu sterilisieren. Außerdem kommt PP auch in Implantaten zum Einsatz. Außerdem spielt PP durch seine glatte Oberfläche als Nahtmaterial eine große Rolle. (Bild: ThKatz – Fotolia)

PE, PVC, PS und PP sind die mit Abstand gängigsten Polymere in der medizinischen Anwendung und stehen zusammen für 80 bis 90 % der dort eingesetzten Kunststoffe. Daneben gibt es noch eine Reihe anderer Kunststoffe in der Medizintechnik. Bereits seit etwa 20 Jahren wird beispielsweise auch Polyetheretherketon (PEEK) für Implantate in der Wirbelsäulen- und Gesichtschirurgie verwendet. Aufgrund eher unvorteilhafter Oberflächeneigenschaften ist der Werkstoff aber nicht weit verbreitet. Nitril-Polymere wiederum finden durch ihre chemische Beständigkeit und die gummiähnlichen Eigenschaften für Schutzhandschuhe Anwendung. (Bild: April Cat – Fotolia)

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