China-Reise von Scholz: Kanzler in Peking eingetroffen

2022-11-07 15:24:42 By : Ms. Susan SU

Scholz und Xi trafen erstmals 2017 aufeinander, als der heutige Kanzler noch Erster Bürgermeister von Hamburg war.

Scholz und Xi trafen erstmals 2017 aufeinander, als der heutige Kanzler noch Erster Bürgermeister von Hamburg war.

Peking Es ist ein ungewöhnlicher Empfang, den Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Ankunft um halb zehn Uhr Ortszeit in Peking bekommt. Noch bevor die Maschine zum Stehen kommt, stehen bereits dutzende „da bai“, „Große Weiße“, wie die Menschen in den weißen Vollschutzanzügen umgangssprachlich in China genannt werden, auf dem Rollfeld. In mehrere Bussen werden alle Delegationsteilnehmer gleich auf Covid getestet – inklusive der Wirtschaftsvertreter.

Während Biontech-Gründer Uğur Şahin neben den anderen deutschen Konzernlenkern vor einem der Busse ansteht, um sich testen zu lassen, wird Kanzler Scholz im Flieger der Prozedur durch einen deutschen Arzt unterzogen.

Scholz ist der erste hochrangige Vertreter eines G7-Staates, der China seit fast drei Jahren einen Besuch abstattet. Nach einem Empfang am Flughafen mit rotem Teppich und militärischem Ehrenspalier trifft er zunächst Xi Jinping, mit dem auch ein Mittagessen geplant ist.

Mehrfach betont Scholz, wie froh er ist, Chinas Staats- und Parteichef zu treffen. „Es ist gut, dass wir einen ganz intensiven Austausch hier haben werden über alle Fragen“, sagte Scholz kurz vor dem Treffen in Peking – und nennt die Weiterentwicklung der Wirtschaftsbeziehungen, aber auch „Fragen, wo wir unterschiedliche Perspektiven verfolgen“.

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Die mitreisenden Unternehmensvertreter kamen zunächst im Staatsgästehaus der chinesischen Hauptstadt unter. Die Anlage ist eingebettet in einen kleinen Park, im Inneren der Gebäude beeindrucken riesige Kronleuchter die Gäste, im Garten zwitschern Vögel.

Während Scholz mit Xi spricht, bekommt die zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation, darunter BASF-Chef Martin Brudermüller, Adidas-Chef Kaspar Rorsted und BMW-Chef Oliver Zipse ein Briefing von Jens Hildebrandt, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Deutschen Handelskammer in China (AHK). 

Teil der chinesischen Wirtschaftsdelegation sind nach Handelsblatt-Informationen überwiegend Staatsunternehmen. So sind unter anderem die Vorstandschefs der Finanzkonzerne ICBC, Bank of China und CITIC, der Energieunternehmen State Grid und State Power, sowie des Lebensmittelkonzerns COFCO vor Ort. Daneben nehmen der Mitgründer des privaten E-Autobatterieherstellers Gotion und eine Vertreterin des Autokonzerns Geely an den Treffen teil. Auffällig ist zudem, dass die Überwachungsspezialisten Sensetime und Nutech Teil der chinesischen Delegation sind.

Die deutsche Wirtschaft begrüßt den Besuch des Kanzlers in der Volksrepublik. Scholz müsse auf seinem Besuch „austarieren“, wie die Beziehung mit China in Zukunft funktionieren kann, so Hildebrandt. Es sei gut, dieses erste Gespräch zu führen und den Dialog zwischen den beiden Ländern auf höchster Ebene fortzuführen.

Er wünscht sich, dass der Bundeskanzler auf die „Öffnung Chinas sowie auf dringend benötigte Reformen im Bereich Marktzutritt und -liberalisierung hinwirkt“.

Ein Amtsantrittsbesuch soll es sein, aber die umstrittene Reise ist beileibe kein lockeres Kennenlernen zwischen Scholz und Xi Jinping. Nicht nur wegen der schwierigen Themen, die Scholz im Gepäck hat und der Kritik, die er schon vor Abflug einstecken musste. Es sind auch die drakonischen Maßnahmen der chinesischen Staatsführung zur Bekämpfung von Covid, die den Besuch so ungewöhnlich machen.

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Die Flugzeit von insgesamt mehr als 20 Stunden ist rund doppelt so lang wie der eigentliche Aufenthalt in Peking. Schon am Abend fliegt Scholz wieder zurück nach Berlin. Wegen der Quarantänevorschriften, die auch drei Jahre nach Beginn der Pandemie noch in Kraft sind, will er nur schnell rein und schnell wieder raus aus der Volksrepublik.

Peking zeigt sich an diesem Freitagmorgen von seiner besten Seite: Strahlend blauer Himmel, hervorragende Luftqualität. Den Weg der Wagenkolonne vom Flughafen in die Stadt säumen deutsche und chinesische Flaggen, dutzende Polizisten sperren den Weg für die Staatsgäste. Trotz der Corona-Einschränkungen will Peking zeigen, dass es Gäste immer noch beeindruckend empfangen kann.

Der Kanzler betritt an diesem Freitagmorgen ein anderes Land, als es noch seine Vorgängerin im Amt vorgefunden hat.

China hat sich in den vergangenen drei Jahren massiv verändert, die Schritte zu Bekämpfung der Corona-Pandemie haben das Land aufgewühlt. Millionen Menschen wurden und werden immer wieder über Wochen und Monate in ihre Wohnungen eingesperrt, viele von ihnen ohne ausreichend Essen. Inzwischen vergeht kein Tag mehr ohne neue Horrormeldungen aus der Volksrepublik über menschenunwürdige Verhältnisse in Quarantäneeinrichtungen.

„Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren“, hatte auch Scholz in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ kurz vor seiner Reise festgestellt. Diese Analyse wird auch vom Auswärtigen Amt geteilt.

Doch von der Null-Covid-Politik Chinas wird der Kanzler nichts mitbekommen. Er bleibt für die gesamten elf Stunden seines Aufenthalts in einer von der chinesischen Staatsführung geschaffenen Blase. Im Flieger diskutierte die Crew, was passiert, wenn Scholz bei seiner Ankunft positiv auf Corona getestet wird. „Der Supergau“, wie einer sagt. Dann würde es gleich wieder zurück nach Berlin gehen, so die Ansage.

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Aber Scholz wird nicht positiv getestet, die Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sowie dem scheidenden Premierminister Li Keqiang können stattfinden.

Chinas Staatsoberhaupt Xi zeigte sich in seinem Eingangsstatement überzeugt, dass der Besuch „mit Sicherheit“ beide Länder näher zueinander bringen und die „sachorientierte Zusammenarbeit“ in allen Bereichen vertiefen werde.

Xi erinnerte dabei daran, dass er Olaf Scholz am 7. Juli 2017 in Hamburg kennengelernt habe. Er sei damals „sehr herzlich empfangen“ worden. Der damalige Erste Bürgermeister von Hamburg habe ein positives Signal gesendet, die „Seidenstraßeninitiative gemeinsam mit uns umzusetzen“.

Die chinesische Staatsführung tritt auf internationalem Parkett immer aggressiver auf, den russischen Angriffskrieg auf die Ukrainer, verurteilt Peking noch immer nicht.

Und erst wenige Tage vor Scholz‘ Ankunft in China hatte Staats- und Parteichef Xi Jinping die Drohung in Richtung Taiwan erneuert, sich auch gewaltsame Maßnahmen gegen den Inselstaat vorzubehalten.

„Es ist klar: Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern“, so Scholz. Doch was aus dieser übereinstimmenden Analyse folgt, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten innerhalb der Regierung.

Der Kanzler pocht auf „Augenmaß und Pragmatismus“. Ein „Großteil des Handels zwischen Deutschland und China“ betreffe Produkte, so Scholz, bei denen es weder an alternativen Lieferquellen fehle, noch gefährliche Monopole drohen. „Vielmehr profitieren China, Deutschland und Europa gleichermaßen.“

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An der Scholz-Reise hatte es viel Kritik gegeben. Die entzündete sich zum einen am Zeitpunkt des Besuchs, kurz nachdem Xi Jinping seine Macht auf dem Parteikongress weiter ausgebaut hat – und zum anderen an den Wirtschaftsvertretern, die Scholz mitgenommen hat. Dabei sei deren Gruppe doch dieses Mal deutlich kleiner als sonst, heißt es zur Rechtfertigung in Regierungskreisen.

In Chinas Medien wurde der Besuch des Kanzlers mit einer „Luxus“-Wirtschaftsdelegation aus großen Konzernen als Signal für ein „Weiter so“ in der deutschen China-Politik interpretiert.

Er setze die „beständige und pragmatische China-Politik früherer deutscher Bundeskanzler wie Merkel fort, die die wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit in den Mittelpunkt der deutsch-chinesischen Beziehungen stellte“, wird Wu Huiping, stellvertretender Leiter des Zentrums für Deutschlandstudien an der renommierten Tongji Universität in der Wirtschaftszeitung Yicai zitiert.

Selbst die sonst teils sehr aggressiv gegen den Westen keilenden Parteimedien äußern sich im Vorfeld des Scholz-Besuchs überwiegend wohlwollend. So verschwand ein Beitrag im englischsprachigen Propaganda-Blatt Global Times, der Scholz aufforderte, sich auf eine „pragmatische Zusammenarbeit“ zu konzentrieren und nicht auf Geopolitik, damit die China-Reise ein Erfolg werde.

Mehr: Kommentar – Die ökonomistischen Fehlkalküle des Kanzlers

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@Herr Gregor Magg Wäre es nicht dümmer, unter seinem richtigen Namen dumme Rede zu äußern? Der Bundeskanzler bringt mega Auftrag für Airbus, öffnet BioNtech in Chinesische Market. Bevor Sie um etwas bitten, müssen Sie wissen, wie man gibt. Das ist Zusammenarbeit.

Sehr geehrter Herr One Reader, da Sie sie nicht mit Ihrem Klarnamen diskutieren, sondern sich hinter einem Pseudonym verstecken, vermute ich unlautere Absichten ihrerseits!

Die deutschen Kanzler der letzten 20 Jahre versuchen sich leider immer wieder Diktaturen anzudienen und das eigene Land zu verkaufen. Bei den letzten beiden war es Putin, der aktuelle hat sich Xi Jinping ausgesucht.

@Herr Gregor Magg Die Abhängigkeit reduzieren bedeutet Gewinne reduzieren. Wirst du die mega Gewinne kompensieren?

China gibt grünes Licht für BioNTech-Impfstofff für Ausländer - BioNTech-Aktie vorbörslich gefragt. Der Bundeskanzler ist Praktiker, besser als andere Außenministerin (wer nur quatschen kann)

Genau um diese Anhängigkeiten geht es ja! Anstatt mit den europäischen Partnern eine gemeinsame Strategie zu erarbeiten, wie die Abhängigkeiten reduziert werden können. Mach Herr Scholz im Alleingang die Abhängigkeiten größer. Dies sogar gegen die Wiederstände der eigenen Partei, des Geheimdienstes und den Verbündeten.

@Herr Gregor Magg Dass deutsche Autokonzerne die schwächelnden europäischen und amerikanischen Märkte durch die Gewinne ihrer chinesischen Niederlassungen kompensieren, ist bekannt. Zynischer Zynismus löst das Problem nicht.

Der Kaiser und sein Vasall, wie zu feudalen Zeiten, wird dem Kaiser nach der Salbung gehuldigt und es werden Geschenke gebracht. Im Falle von Herrn Scholz in Form des Hafen- und Chiphersteller- Deals. Die außenpolitische Wirkung der Reise, zu diesem Zeitpunkt, könnte desaströser nicht sein. Chinas Taktik kann man mit dem asiatischen Go- Spiel vergleich. Einkreise zur Gewinnung von Einfluss und Macht. Auch ist bekannt, dass jede chinesische Firma zur Spionage verpflichtet ist. Diese Kunde scheint allerdings noch nicht bis ins Kanzleramt vorgedrungen zu sein. So manche Entscheidung das Kanzlers kann man beim besten Willen nicht nachvollziehen. Und eine verständliche und glaubhafte Begründung wird er wohl auch diesmal schuldig bleiben.