22 Kilo Mehrgewicht: Wie sich Berlins Polizei für den 1. Mai wappnet

2022-11-07 15:21:10 By : Ms. Maggie King

Am 1. Mai sind Polizisten stundenlang im Einsatz – in schweren Anzügen. Sogar die Unterhose ist flammenabweisend, das Schuhwerk klobig. Auf neuestem Stand ist die Ausstattung nicht.

Bloß nicht hinfallen! Das sieht nicht nur oft peinlich aus, sondern wäre auch bei einer Demonstration wie am 1. Mai ganz schön unpraktisch – denn mit 22 Kilo Ausrüstung plus Eigengewicht kommt man als Polizeibeamter schwer wieder hoch. Das zumindest weiß Polizeiobermeister und Gewerkschaftsmitglied Moritz Kraft zu berichten. Auch Treppensteigen sei in dieser Montur nicht gerade ein leichtes Vorhaben, sagt Kraft, der am 1. Mai im Dienst sein wird.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte vor den Großeinsätzen rund um den 1. Mai eingeladen, um den Einsatzanzug der Bereitschaftspolizei samt Körperschutzausstattung, kurz: KSA, einmal vorzuführen. Die neue GdP-Chefin Kerstin Philipp feixte, die Ausrüstung sehe harmlos aus, „aber nicht, wenn sie 16 bis 20 Stunden getragen wird“. So, wie es am 1. Mai bei den Bereitschaftspolizisten Standard ist. Die 22 Kilo sind schnell beisammen: zum Einsatzanzug kommen noch Körperpanzer, Waffe, Handschellen, Schlagstock, Funkgerät.

Doch trotz der flammenabweisenden Unterwäsche, den klobigen Sicherheitsschuhen, den Arm- und Beinprotektoren, dem Genitalschutz, der Schutzweste mit Metallplatten und den verstärkten Handschuhen sowie dem Helm gebe es „keine absolute Sicherheit“. Das zeigten die 17 verletzten Polizisten bei der NPD-Demonstration am Sonnabend. Und deshalb kritisiert die GdP auch den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der sich nach der Demo hinstellte und sagte, alles sei friedlich verlaufen. Wowereit solle zur Kenntnis nehmen dass die Polizei die Demokratie verteidige. „Wer die Polizei angreift, greift den Staat an“, sagte GdP-Vorstand Stephan Kelm. Da kam die Nachricht am Montag, dass die NPD ihren Aufzug am 1. Mai abgesagt hat, recht. Den Beamten bleibt so ein weiterer Großeinsatz erspart.

So lange die Einsätze so viele Stunden dauern, heißt es: trinken, trinken, trinken. Denn mit 22 Kilo Mehrgewicht kommt man schon nach fünf Minuten ohne große Anstrengung arg ins Schwitzen. Drei bis vier Liter Wasser seien es mindestens, die jeder Beamte zu sich nehmen müsse, um nicht zu kollabieren. Das klingt nach vielen Toilettengängen. „Das schwitzt man alles aus. Und wenn, dann muss man präventiv pullern gehen“, schildert Kelm.

Der 48-Jährige spricht ebenfalls aus Erfahrung: Vor 20 Jahren war er Einsatzhundertschaftleiter und hat viele Demonstrationen in voller Montur begleitet. Doch leichter geworden sei die Ausstattung im Laufe der Jahre nicht, sondern „kompakter“. Die Frauen beschwerten sich, dass der Körperschutzanzug oben herum zu eng sei – ein Unisex-Modell eben.

Das Gewicht lasse sich nicht wesentlich verringern. Alles, was dran ist, werde auch gebraucht. Alle Bundesländer hätten in etwa denselben Standard.

Schön wäre es natürlich schon, wenn die Körperschutzanzüge aus „moderneren Stoffen“ gefertigt würden, sagt Kelm. Kevlar, beispielsweise, sei so ein hitzebeständiger Textilstoff, der leichter ist als der jetzige. „Das ist gerade nicht der letzte Stand der Technik“, sagt Kelm. Auch bei den klobigen Sicherheitsschuhen ließe sich noch einiges verbessern. Aber Berlin habe eben kein Geld, sagt Kelm. Derzeit koste ein kompletter Anzug 2000 Euro.

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